In Japan gibt es sie schon seit drei Jahren, und Australiern ist sie ebenfalls nicht fremd – nun kommt die Honda CB 1100 endlich auch nach Europa. Der Markt für Retro-Bikes ist hier recht überschaubar, das betrifft sowohl die Modelle als auch die Zahl der Käufer. Groß ist aber bereits im Vorfeld die Nachfrage nach der neuen Honda. Die für dieses Jahr vorgesehenen 600 Exemplare in Deutschland sind bereits verkauft und dürften auf Anhieb den Spitzenplatz im Marktsegment bedeuten. Die CB 1100 hebt sich nicht nur durch die Anzahl ihrer Zylinder, sondern auch durch über 30 Prozent mehr Hubraum und den Preis von mehr als 11 000 Euro von der gängigen Konkurrenz ab.
Keine Frage, der luftgekühlte Vierzylinder im klassischen Doppelschleifen-Rohrrahmen steht da, als ob er direkt von einer alten Honda der Four-Reihe aus den 60er und 70er Jahre stamme. Gleiches gilt für den Hauptscheinwerfer und die ebenfalls nostalgisch anmutenden in Chrom gefassten Blinker, die wunderschönen Rückspiegel sowie die klassischen Federbeine. Mehr Retro geht kaum noch. Lediglich das – immer noch ausreichend stilvolle – Cockpit kann seine moderne Herkunft wegen des Displays zwischen den beiden schräg gestellten Rundinstrumenten nicht ganz verhehlen. Weitere Attribute an die Neuzeit sind die keineswegs störenden Gussräder im Fünf-Doppelspeichen-Design und der Ölkühler vor dem Motor, der das ansonsten stimmige Bild aber nur wenig trüben kann.
Seidenweich entwickelt der Motor seine mehr als ausreichende Kraft und begeistert durch seinen mächtigen Schub. Die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ist nur theoretischer Natur, denn für die Hatz über Autobahn ist die schicke Honda nicht gedacht und gemacht. Dafür fehlt ihr auch noch der sechste Gang. Umso vehementer geht es über die Landstraße. Getrübt wird die Freude nur ein wenig durch spürbare Lastwechselreaktionen. Beim schnellen Zug oder Druck am Gas ruckt es deutlich im Antriebsstrang.
Ihre Leistung stellt die CB 1100 ab 4000 Umdrehungen in der Minute kräftig unter Beweis. Ab 6000 Touren scheint sie noch ein weiteres Mal tief Luft zu holen, ehe sie bei 7500 U/min ihre Spitzenleistung von 66 kW / 90 PS erreicht. Das maximale Drehmoment von 93 Newtonmetern erreicht der Vierzylinder bei 5000 U/min. Anders als beim legendären Vorbild – der CB 750 Four – entlässt die Neuinterpretation die Abgase allerdings über eine 4-in-1-Anlage, wie sie aber damals durchaus bei den kleineren Hubraumvarianten der CB zu finden war und als letzter Schrei galt.
Stabil zieht das nostalgische Big Bike auf den 18-Zoll-Rädern seine Bahn und nimmt mit ihrem relativ kurzen Radstand auch engere Kurven dankbar an. Der Fahrer sitzt klassisch aufrecht, den lange Tank und den hohen, geraden Lenker vor sich. Kein Knie muss groß angewinkelt werden. So lässt sich ganz entspannt das Fahrvergnügen genießen. Der Sozius findet auf der leicht gestuften Sitzbank ebenfalls ausrechend Platz, Zu den weiteren praktischen Details gehören vier Gepäckhaken, und natürlich darf bei aller Nostalgie das Combined ABS nicht fehlen. Die Federbasis ist auch vorne mehrfach verstellbar, wobei die relativ straffe Werkseinstellung durchaus zufrieden stellt. Schön auch, dass es serienmäßig einen Hauptständer gibt.
Keine Frage, mit der CB 1100 hat Honda ein klassisches Konzept umgesetzt, das nicht nur das Herz der Retro-Fraktion höher schlagen lässt. Auch wer einfach nur ein Motorrad mit viel, aber nicht übertriebener Leistung und sehr zügiger Beschleunigung für den einfachen Fahrspaß auf zwei Rädern sucht, kann mit der CB sehr glücklich werden. (ampnet/jri)
Daten Honda CB 1100
Motor: 4-Zylinder, Reihe, luftgekühlt, 1140 ccm
Leistung: 66 kW / 90 PS bei 7500 U/min
Max. Drehmoment: 93 Nm bei 5000 U/min
Antrieb: Kette
Getriebe: 5 Gänge
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Gewicht (vollgetankt): 248 kg
Sitzhöhe: 795 mm
Tankinhalt: 14,6 Liter
Bereifung: 110/80-18 (vorne), 140/70-18 (hinten)
Preis: 11.255 Euro