DN01 nannte Honda sein Motorrad, das viele Gene eines Kraftrollers in sich trug. Die Rechnung des ungewöhnlichen Konzeptes ging nicht so recht auf, das Modell wurde inzwischen in Deutschland wieder vom Markt genommen. Ebenfalls die Grenzen beider Fahrzeuggattungen verwischen beim neuen Integra, dem jedoch nicht nur aufgrund seines etwas klareren Designs und der eindeutigen Marketing-Zuordnung (Kraftroller) mehr Erfolg beschieden sein dürfte.
Man sieht es ihm nicht an, aber unter seinem Kunststoffkleid trägt der Integra den Rahmen und Motor der Motorradbaureihe NC 700. Das garantiert trotz rund 20 Kilogramm Mehrgewicht den Fahrspaß eines Mittelklasse-Bikes mit dem Komfort eines Kraftrollers. Einen Durchstieg bietet der Neuzugang nicht. Stattdessen wird der um 62 Grad nach vorne geneigte 670-Kubik-Reihenzweizylinder von Plastikblenden eingeschlossen. Er leistet 38 kW / 52 PS und bringt ein maximales Drehmoment von 62 Newtonmetern mit. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei immerhin 165 km/h.
Der Integra ist aufgrund seiner ergonomischen Auslegung kein ausgemachter Kurvenräuber, lässt sich aber sehr dynamisch fahren. Dazu trägt neben den, von der NC übernommenen, 17-Zoll-Rädern, vor allem das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe (DCT) bei, das Honda inzwischen in einer zweiten, noch weiter verfeinerten Generation anbietet. Es wechselt kaum merklich die Gänge und ist selbstlernend ausgelegt. Es bietet vor allem im sportlichen S-Modus hervorragenden Durchzug, weil die Gänge deutlich länger ausgefahren werden. Oft schneller als man es wahrnimmt, überschreitet der Integra dann das Tempolimit auf der Landstraße. Wer es ein wenig komfortabler mag, findet auch im N(ormal)-Betrieb ausreichend Vortrieb. Die Möglichkeit, am linken Lenkerende mit dem Zeigefinger manuell hoch- und mit dem Daumen herunterzuschalten, ist beim Integra eher theoretischer Natur, denn das elektronisch gesteuerte Schaltgetriebe kann das besser.
Dämpfung und Federung sind komfortabel abgestimmt, ohne dass die Fahrstabilität darunter leidet. So nimmt der Integra selbst vom Frost zerfurchte Landstraßen mit stoischer Ruhe und lässt sich ebenso wenig von etwas tiefer liegenden Gullydeckeln irritieren. Bei Honda mittlerweile fast selbstverständlich ist das Combined ABS, bei dem in diesem Fall über den linken Bremshebel neben dem Hinter- auch das Vorderrad mit angesteuert wird.
Die breite Sitzbank und der nahezu perfekt platzierte Lenker führen zu einer extrem entspannten Sitzposition. Die große Windschutzscheibe entlastet den Oberkörper hervorragend, führt aber zumindest in unserem Fall zu recht lauten Helmgeräuschen. Auch die Beine sind sehr gut vor Wind und Wetter geschützt.
Nur eines kann der Integra nicht bieten: viel Stauraum. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenzmodellen bietet er neben einem Handschuhfach für das Smartphone oder andere Kleinigkeiten unter der Sitzbank nur ein kleineres, nicht unbedingt helmtaugliches 15-Liter-Ablagefach. Er ist eben ein Grenzgänger. Im Original-Zubehörprogramm gibt es aber natürlich Koffer und zwei verschiedene große Topcases.
Ebenso wie die beiden Motorradgeschwister NC 700 S und NC 700 X kommt der Integra auf einen sehr niedrigen Durchschnittsverbrauch von 3,7 Litern je 100 Kilometer (nach EU-Norm). Allerdings hebt er sich preislich deutlich ab. Er ist mit 8255 Euro über 40 Prozent teurer als die NC 700 S mit derselben Technik. 1000 Euro sind dem DCT-Getriebe geschuldet. Wo sich die übrigen 1500 Euro verstecken, bleibt Hondas Geheimnis. Der Nachfrage nach dem Neuling tut der Preis aber keinen Abbruch. Das Interesse am Integra hat die Absatzplanung von rund 400 Einheiten für dieses Jahr bereits übertroffen. (ampnet/jri)